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Haushaltsrede

Landrat Dr. Ulrich Fiedler hat in der Kreistagssitzung am 18.10.2023 den Doppelhaushalt für die Jahre 2024 und 2025 unter der Überschrift "Gestalten und zupacken" eingebracht und in seiner Haushaltsrede näher vorgestellt. 

Der Haushalt fällt in eine Zeit multipler Krisen, die den Landkreis herausfordern. Landrat Dr. Ulrich Fiedler betonte in seiner Haushaltsrede:

„Wir selbst haben die Möglichkeiten, uns den aktuellen und künftigen Herausforderungen zu stellen und wir haben gute Chancen, sie auch zu meistern: Aber nur, wenn wir es sind, die gestalten. Nur wenn wir es sind, die zupacken und die Probleme selbst aktiv angehen.“

Die komplette Haushaltsrede des Landrats können Sie nachfolgend nachlesen. Zur besseren Übersichtlichkeit ist die Rede in thematische Abschnitte untergliedert.

Rede von Landrat Dr. Ulrich Fiedler

Sehr geehrte Mitglieder des Kreistags, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren,

der Haushalt des Landkreises Reutlingen, den wir ab heute debattieren werden, ist wahrlich ein besonderer.

Zuerst ist es der erste Doppelhaushalt in der Geschichte unseres Landkreises. Er wird Gültigkeit für die Jahre 2024 und 2025 haben. Selbstverständlich bleibt uns dabei die Möglichkeit, zu Beginn des Jahres 2025 auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren und relevante Anpassungen vorzunehmen.

Zweitens ist es erneut ein Rekordhaushalt. Zum ersten Mal steigt das Haushaltsvolumen auf über 500 Mio. Euro und zwar auf rund 545 Mio. Euro im Jahr 2024 und rund 579 Mio. Euro im Jahr 2025.

Und zum Dritten verabschieden wir diesen Haushalt in einer Zeit multipler Krisen. Krisen, die uns auf ganz besondere Art herausfordern. Zu einer Krise, die unsere Anstrengungen zwingend bedarf, haben wir selbst beigetragen. Wir müssen alles tun, um dem Klimawandel, wo noch möglich, entgegenzutreten und dort, wo wir schon jetzt zu spät sind, den Klimawandelfolgen erfolgreich begegnen. Extremwetterereignisse prägen das globale Klima und fordern die Weltgemeinschaft heraus. Hitzewellen, Dürreperioden, Starkregen belasten aber auch uns mittlerweile immens.

Mit den Folgen einer weiteren Krise kämpfen wir noch immer, an vielen Stellen und nachhaltig - und zwar mit den Folgen der Corona-Pandemie.

Gleichzeitig spüren wir die Folgen der demografischen Entwicklung in Deutschland mittlerweile deutlich und der Mangel an Fach- und Arbeitskräften belastet viele, ja fast alle Branchen extrem.

Seit Jahren stellen wir uns unserer humanitären Verantwortung und versuchen, zu uns Geflüchteten zu helfen und jene zu integrieren, die eine Bleibeperspektive in unserem Land haben. Dies bringt uns nicht zuletzt seit Beginn des Ukrainekriegs an unsere Grenzen und teilweise darüber hinaus. 

Weitere Folgen dieser Krisen sind massive geopolitische Spannungen und Verwerfungen, explodierende Energiekosten, eine starke Inflation und eine rezessive Entwicklung der deutschen Wirtschaft.

Zu diesem Stresstest für unsere Gesellschaft kommt hinzu, dass fast alle Prozesse und Entwicklungen durch ein nicht mehr zu verantwortendes Maß an Bürokratie und fehlende digitale Lösungen zusätzlich unter Druck geraten. Gleichzeitig bringt es uns aber nicht voran, ständig zu klagen und uns in Endlosschleifen von Lamentos zu ergeben. Wir müssen uns aus der Depression unserer Zeit lösen.

Das Rufen nach Obergrenzen, nach Lösungen an anderer Stelle, das Abschieben von Verantwortung mag populär sein, aber das hilft uns hier vor Ort, in unserem Landkreis nicht weiter. Wir sind es, die unserer Verantwortung gerecht werden müssen - heute und gerade auch für die Zukunft.

Wir selbst haben die Möglichkeiten, uns den aktuellen und künftigen Herausforderungen zu stellen und wir haben gute Chancen, sie auch zu meistern: aber nur, wenn wir es sind, die gestalten. Nur wenn wir es sind, die zupacken und die Probleme selbst aktiv angehen. Denn nur so werden wir den Herausforderungen unserer Zeit hier vor Ort gerecht, nur so werden wir auch den Menschen, unserer Gesellschaft und vor allen Dingen auch unserem demokratischen System gerecht.

Denn: Demokratie ist kein Lieferdienst!

Wir müssen uns dahin entwickeln, dass jede und jeder von uns, das leistet, was er oder sie, was wir zusammen zu leisten im Stande sind. Das ist unser Beitrag zu einer funktionierenden, erfolgreichen, zu einer demokratischen Gesellschaft.

Deswegen ist dieser Haushalt mit „Gestalten und zupacken“ überschrieben.

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich gehe nun auf die Rahmenbedingungen dieses Haushaltsentwurfs ein:

Die gesamtwirtschaftliche Lage in Deutschland war im Jahr 2022 im Wesentlichen durch die benannten Krisen geprägt und die Verbrauchspreisinflation auf ein jahrzehntelanges Hoch von 6,9 Prozent angestiegen. Die Prognosen gehen bis zum Jahresende von einer nennenswerten Rezession unserer Wirtschaft von 0,4 Prozent aus.

Der Arbeitsmarkt zeigt sich hingegen weiterhin robust gegenüber den konjunkturellen Schwächen.Die Inflation lag jetzt im September bei 4,5 Prozent und wir gehen davon aus, dass sie sich absehbar auf mindestens 2 Prozent einpendeln wird.

Für das Jahr 2023 gehen wir von einem deutlichen Staatsdefizit sowie einem weiteren Rückgang der Schuldenquote auf nationaler Ebene aus. Eine Erholung der Staatsfinanzen erwarten wir erst 2025.

Und kurz zur Situation in Baden-Württemberg:

Auch in Baden-Württemberg erleben wir eine leicht rückläufige Konjunktur und weiter sinkende Steuereinnahmen.

Die Kommunen konnten im Jahr 2022 einen positiven Finanzierungssaldo in Höhe von 773 Millionen Euro, die kreisangehörigen Städte und Gemeinden gar von 806 Millionen Euro erwirtschaften. Er lag damit sogar auf dem Niveau von 2019. Auch der Finanzierungssaldo der Landkreise verbesserte sich 2022, allerdings nur um 88 Millionen Euro.

Die Entwicklung der Wirtschaftsleistung im Landkreis ist eher positiv. Der Konjunkturklimaindex der IHK im Landkreis stieg seit Herbst 2022 um insgesamt 24 Punkte. Das regionale Handwerk verzeichnete im 2. Quartal 2023 eine stabil positive Geschäftsentwicklung.

Die Steuerkraftsummen der Städte und Gemeinden im Landkreis stiegen auf rund 514 Millionen Euro und damit um 6,38 Prozent. Damit können wir leider nicht mit dem landesweiten Wachstum von 9,32 Prozent mithalten. Dieser Trend einer unterdurchschnittlichen Entwicklung der Steuerkraft unserer Städte und Gemeinden setzt sich leider seit vielen Jahren fest und fort.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

lassen Sie mich kurz auf die Planungsgrundlagen des Haushaltsplanentwurfs eingehen.

Diesem Plan liegen wieder die Ergebnisse der Mai-Steuerschätzung, die Orientierungsdaten und damit der Haushaltserlass 2024 des Innenministeriums, das vorläufige Rechnungsergebnis 2022 und die Prognosen für das Rechnungsergebnis 2023 zu Grunde.

Folgende Prämissen wurden unter anderem für die Aufstellung an die Verwaltung vorgegeben:

  • Eine Erhöhung der Ansätze war nur bei gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen möglich.
  • Die Zahl der Personalstellen konnte nur mit Organisationsuntersuchungen, Personalbedarfsbemessungen oder Prozessbetrachtungen erhöht werden.
  • Die Freiwilligkeitsleistungen wurden um 2 Prozent pro Jahr erhöht.
  • Es wurden grundsätzlich keine weiteren freiwilligen Leistungen übernommen.
  • Bei den Beschäftigten wurde der Tarifabschluss TVöD sowie eine erwartete Tariferhöhung von 3 Prozent ab 2025 veranschlagt, bei den Beamten wurde von einer zeit-und inhaltsgleichen Übernahme des Tarifabschlusses TVöD ausgegangen.
  • Im Finanzhaushalt war bei den Investitionen der mit dem Nachtragshaushalt 2021 beschlossene Budgetrahmen einzuhalten.

Zudem bilden folgende vom Kreistag erarbeiteten Grundsätze die Basis für diesen Haushaltsentwurf:

  • Wir streben eine generationengerechte Finanzpolitik an.
  • Wir streben eine Mobilität im städtischen wie im ländlichen Raum an, die nachhaltig und zukunftsfähig sein wird.
  • Wir streben eine Verwaltung an, die angemessen und wirtschaftlich ausgestattet sein wird.
  • Wir streben an, die Chancen der Digitalisierung verantwortungsvoll zu nutzen.
  • Wir betreiben aktive Daseinsvorsorge.
  • Und: Wir betreiben ein systematisches Nachhaltigkeitsmanagement.

Auf der Basis dieser Vorgaben und Prämissen kamen wir zu folgenden Grundzügen für den Haushalt.

Gemeinsam mit unseren Städten und Gemeinden im Landkreis bilden wir eine Verantwortungsgemeinschaft, die eine ehrliche und vertrauensvolle Partnerschaft aller Beteiligten braucht. In diesem Sinne wollen wir zunächst alle vertretbar einsetzbaren liquiden Mittel in Höhe von rund 30 Millionen Euro in den kommenden beiden Jahren nutzen, um trotz der zahlreichen Belastungen der multiplen Krisen auf allen Seiten gemeinsam handlungsfähig zu bleiben.

Sie sehen, in diesem Interesse schöpfen wir unseren Gestaltungsspielraum vollständig aus. Das heißt gleichzeitig, dieser Haushalt enthält keine Spielräume und Puffer.

Nur so können wir erreichen, dass die Kreisumlage nur auf 32,5 Prozent im Jahr 2024 und 33 Prozentpunkte im Jahr 2025 angehoben werden muss, statt wie bisher geplant auf 34 Prozent und 34,5 Prozent.

Nur so können wir antizyklisch investieren. Und zwar 54,1 Millionen Euro im Jahr 2024 und 64,1 Millionen Euro 2025. Schwerpunkte bleiben dabei der Verwaltungsneubau (83,7 Millionen Euro), Bildung und Schulen (12,2 Millionen Euro), Mobilität (12,6 Millionen Euro) und die Gesundheitsversorgung (8 Millionen Euro).

Dazu ist es erforderlich, die unbedingt notwendige Verschuldung anzupassen. Im Jahr 2024 um 28 Millionen Euro und 2025 um 30,5 Millionen Euro.

Sehr geehrte Damen und Herren,

lassen Sie mich auf einige Bereiche gesondert und beispielhaft eingehen.

Die globale Erwärmung stellt auch unseren Landkreis vor große Herausforderungen. Sie beträgt weltweit aktuell circa 1,2 Grad Celsius. Baden-Württemberg hat sich sogar schon um circa 1,6 Grad Celsius erwärmt.

Größere Hitze bedeutet mehr Verdunstung und rascher austrocknende Böden. Dies wird langfristig auch die Trinkwasserversorgung beeinflussen und eine Nutzungskonkurrenz um wertvolle Süßwasservorkommen hervorrufen. Zudem gefährdet die Erwärmung auch direkt die Gesundheit der Menschen.

Wie stark die zukünftige Erwärmung mit den begleitenden Extremwetterereignissen wird, hängt davon ab, wie wir uns heute und in Zukunft verhalten. Die Klimaneutralität bis 2040 ist das gesetzlich verankerte Ziel, um für uns jetzt und die nachfolgenden Generationen unsere gesundheitliche, natürliche und wirtschaftliche Lebensgrundlage so gut als möglich zu wahren. Gleichzeitig müssen wir uns an die nicht abwendbaren Folgen des Klimawandels anpassen. Eine riesige Aufgabe, der wir uns trotz der akuten anderen Krisen stellen müssen.

Wir suchen dazu den Schulterschluss mit den Städten und Gemeinden sowie anderen wichtigen Partnern und bauen ein Klimaschutznetzwerk im Landkreis auf. Nur gemeinsam können wir den anspruchsvollen Transformationsprozess in eine klimaneutrale Zukunft schaffen.

Lassen Sie uns also weiter zusammen Verantwortung übernehmen und gestalten, weiter gemeinsam zupacken beim Ausbau der erneuerbaren Energien, bei der Windkraft, bei der Photovoltaik, beim Wasserstoff, bei unserem Nachhaltigkeitsmanagement, beim European Energy Award, beim Biosphärengebiet, beim Forst, bei der Landwirtschaft, bei einer klimaneutralen Verwaltung, bei der Bewältigung der Klimawandelfolgen, bei unserem kommunalen Klimanetzwerk.

Im Moment steigen die Zuweisungen massiv an. Bis zum Jahresende fehlen uns etwa 300 Plätze in der sogenannten vorläufigen Unterbringung. Bis Ende des Jahres rechnen wir mit einer Gesamtaufnahme von 2500 Personen in unserem Landkreis.

Die Aufwendungen der Kosten der Unterkunft im Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Geflüchteten aus der Ukraine haben wir im Haushalt kostenneutral veranschlagt. Ebenso gehen wir von einem vollständigen Ausgleich der fluchtbedingten Unterkunftskosten für Geflüchtete aus anderen Ländern aus.

Auch hier liegt die Herausforderung in der aktuellen Situation. Wir brauchen eine andere Verteilung der Geflüchteten in Europa. Wir brauchen ein Land, das seinen Aufgaben in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen ausreichend nachkommt. Wir brauchen eine Zuteilung von Geflüchteten mit Bleibeperspektiven. Wir brauchen die Ausweisung derer, die kein Recht haben hier zu bleiben. Vor allem brauchen wir weniger Bürokratie und mehr und schnellere Integration, vor allem in den Arbeitsmarkt.

Aber bei allen Belastungen in unserer Gesellschaft sage ich deutlich: Aktuell wird es keine schnellen Änderungen geben. Die Menschen werden in den nächsten Monaten in großer Zahl zu uns kommen und es ist unsere gemeinsame Aufgabe, kurzfristig zu unterstützen und mittelfristig für Änderungen in der Asylpolitik einzutreten. Heute ist es unsere gesetzliche und humanitäre Verantwortung zu helfen und anzupacken.

Hier steigen die Bruttotransferaufwendungen 2024 auf 67,4 Millionen Euro und 2025 auf 71,8 Millionen Euro.

Die Finanzen sind aber nur eine Dimension. Viel problematischer ist die tatsächliche Situation. Die Fallzahlen ebenso wie die Inobhutnahmen und stationären Unterbringungen steigen stetig an. Und die Auswirkungen von Corona wirken massiv auf die Situation von Kindern und Familien, was sich nicht nur in den Kinder- und Jugendpsychiatrien, sondern auch in zahlreichen Beratungsangeboten niederschlägt. Die Strukturen sind allein dadurch schon heute überlastet.

Zusätzlich steigen die Zahlen unbegleiteter minderjähriger Ausländer und Ausländerinnen (UMA) an, von 30 im Sommer 2022 auf derzeit bereits 120. Und die Prognose zeigt weiter nach oben. Diese Zahlen treffen auf ein System, dem nicht nur Personal, sondern auch Betreuungsplätze fehlen. Dieser Zustand ist so auf Dauer nicht tragbar.

Der größte Aufwandsposten in unserem Haushalt bleibt die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung. Sie steigt nach unseren Planungen um 20,33 Prozent auf 114,3 Millionen Euro 2024 und 119,5 Millionen Euro 2025.

Die Zielsetzungen des Bundesteilhabegesetzes unterstütze ich, aber der damit neu geschaffene bürokratische Aufwand übersteigt den Mehrwert der Betroffenen, den wir alle erreichen wollen, um ein Vielfaches.

Ich sage es in aller Deutlichkeit, hier muss dringend nachgebessert werden. Schon jetzt können die zusätzlichen Aufwendungen nicht von den Kommunen getragen werden. Wir brauchen eine pragmatische Gestaltung der Prozesse und weitere finanzielle Unterstützung durch Bund und Land.

Dieser Bereich ist hervorragend geeignet, um die Probleme der aktuellen Politik in Bezug auf meine Forderung und meinen Anspruch „gestalten und zupacken“ aufzuzeigen. Wir brauchen handhabbare Gesetze mit mehr dezentraler Verantwortung statt weitere Bürokratiemonster. Und wir brauchen eine gestaltbare Umsetzung vor Ort, um den Menschen wirklich zu helfen, um ihnen tatsächlich mehr Möglichkeiten der selbstbestimmten Teilhabe zu geben. Auf der aktuellen gesetzlichen Basis ist dies kaum leistbar.

Wir investieren weiter in Mobilität und in den öffentlichen Personennahverkehr. Der Nettoressourcenbedarf steigt beim öffentlichen Personennahverkehr auf 7,2 Millionen Euro 2024 und 7,5 Millionen Euro im Jahr 2025. Das sind erneut Rekordwerte, die dokumentieren, dass wir diesen wichtigen Bereich prioritär entwickeln und auch in Zukunft weiterentwickeln wollen.

Zudem führen wir sämtliche Prozesse für die Regional-Stadtbahn mit großem Einsatz bei uns und im Zweckverband weiter. Lassen Sie uns aber auch hier realistisch bleiben. Der Blick muss auf das Mach- und Leistbare gehen. Aktuell führt der Personalmangel bei den Busunternehmen zu zahlreichen Ausfällen, das ist ärgerlich, aber leider auch kaum zu kompensieren.

Höchste Priorität hat für mich auch die bestmögliche Gesundheitsversorgung der Menschen in unserem Landkreis. Dazu werden wir unsere Kreisklinken weiterentwickeln und auch im gesamten Landkreis weiter daran arbeiten, geeignete Strukturen der Primärversorgung und der ambulanten Versorgung sicherstellen zu können.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir betrachten Bildung weiterhin als zentralen Schwerpunkt unserer Arbeit. Dazu werden wir unsere beruflichen Schulen inhaltlich weiterentwickeln und die notwendigen Investitionen bereitstellen.

Im Rahmen dieser Haushaltseinbringung können viele Themen, an der rund 1 400 Kolleginnen und Kollegen dieses Landkreises arbeiten, nicht konkret angesprochen werden.

Ich versichere Ihnen, dass wir mit unserem Tun das Ziel verfolgen, den Menschen in unserem Landkreis ein gedeihliches und ein gutes Zusammenleben zu ermöglichen. Dafür arbeiten wir jeden Tag mit großem Einsatz, mit Kompetenz und auch mit Herzblut.

Lassen Sie mich an dieser Stelle einen Dank dafür an meine Kolleginnen und Kollegen in allen Bereichen der Landkreisverwaltung richten, stellvertretend an die Vorsitzende des Personalrats, Frau Annette Bidlingmeier.

Ich komme noch einmal auf meine Gedanken zu Beginn meiner Rede zurück. Wir müssen die Herausforderungen unserer Zeit lösen. Das ist unsere Aufgabe hier im Landkreis, aber dafür benötigen wir die richtigen Rahmenbedingungen.

Leider haben wir uns in Deutschland in eine überbürokratische Situation hineinmanövriert und oft fehlt eine echte Bereitschaft zu Veränderung und damit auch zu Risiko. Deswegen fehlen uns die Investitionen in unsere Wirtschaft und in wichtige Politikfelder wie Bildung. Julian Fox, der CEO des Startups wefox stellt genau diesen Zusammenhang her: veraltete Regulierungen, überbordende Bürokratie und fehlender Mut führen dazu, dass in Deutschland und Europa in den nächsten 15 Jahren eine Investitionslücke von zwei Billionen Euro, also 2 000 Milliarden Euro entstehen wird. Geld, das uns in vielen Zukunftsfeldern fehlen wird.

Um aus dieser Sackgasse herauszukommen, müssen wir aber unsere typisch deutsche Abneigung gegen Risiko, Fehler und Veränderung überwinden. Dabei muss auch unser Föderalismus dort auf den Prüfstand gestellt werden, wo er dringend notwendigen gesellschaftlichen Entwicklungen im Wege steht.
Wir brauchen Mut zur Verlagerung von Verantwortung, wir brauchen disruptive digitale Veränderungen und endlich funktionierende Grundvoraussetzungen wie flächendeckende Mobilfunk- oder Glasfasernetze.

Und wir müssen uns entschieden einsetzen gegen dumpfen und menschenfeindlichen Populismus, der unsere Gesellschaft, wie wir sie kennen und schätzen, zerstören kann.

Wir brauchen Expertinnen und Experten, Hochqualifizierte aus anderen Ländern und Regionen dieser Erde, um genau die aufgezeigten Entwicklungen anzustoßen. Aber warum sollen diese Menschen zu uns kommen wollen, wenn wir als überbürokratisch, veränderungsresistent, altmodisch oder gar zukunftsfeindlich gelten? Ich denke, es ist nachvollziehbar, dass diese Menschen lieber an einen Ort gehen möchten, der als offen, menschenfreundlich und fortschrittlich gilt sowie innovativ agiert; und an dem man mit seinem Handy immer und überall telefonieren kann.

Sie mögen denken, das alles hat doch nichts mit dem heute einzubringenden Kreishaushalt zu tun. Das hat es aber sehr wohl. Wir brauchen alle gemeinsam eine Vision für unseren Landkreis, für unsere Politik und auch für die Menschen in unserem Landkreis. Wir brauchen eine schnelle und umfassende Digitalisierung, wir brauchen KI-Entwicklung, wir brauchen Innovation, wir brauchen Veränderungsbereitschaft und wir brauchen Investitionen und vor allen Dingen Menschen, die Verantwortung übernehmen, die Zukunft gestalten und die zupacken.

Nur so können wir unseren lokalen Herausforderungen begegnen. Vor wenigen Tagen konnten wir von zwei Vertretern der Träger der Sozialen Arbeit erfahren, dass eine auskömmliche Finanzierung ihrer Arbeit durch Stadt und Landkreis sicherzustellen ist. Wegen Kosten- und Tarifsteigerungen, Inflation, Fachkräftemangel sei ihr Wirken in einem Dschungel an Finanzierungsbestandteilen nicht mehr leistbar.

Die geleistete Arbeit, das möchte ich herausstellen, ist sehr wertvoll und unverzichtbar für die Menschen in unserem Landkreis. Aber wir lösen das zweifelsohne vorhandene Dilemma nicht, indem wir nur und stereotyp nach zusätzlichem Geld der kommunalen Ebene rufen, das zudem dort eben gerade nicht vorhanden ist. Es ist dort nicht vorhanden, weil die wirklichen politischen Probleme unseres Landes nicht angepackt werden. Weil uns die Bürokratie zu viele Ressourcen wegfrisst, weil digitale Erleichterungen kaum stattfinden, weil Investitionen in diese Bereiche viel zu wenige Anreize finden und weil wir nicht genügend Zuwanderung dringend benötigter Fachkräfte haben, gerade im sozialen Bereich.

Wir dürfen also nicht aufhören, die richtigen Maßnahmen und Veränderungen von den Parlamenten in Brüssel, in Straßburg in Berlin und Stuttgart einzufordern.

Aber wir müssen auch unseren Beitrag leisten, mutig und fortschrittlich, indem wir gestalten und zupacken.

Sehr geehrte Mitglieder des Kreistags, meine Damen und Herren,

zum Schluss meiner Rede ist es mir wichtig, einen großen Dank an die Kolleginnen und Kollegen der Kämmerei, allen voran den Herren Klett und Gekeler und natürlich dem zuständigen Dezernenten Gerd Pflumm auszusprechen. Es steckt sehr viel Kompetenz, Aufwand, Abstimmung und Kompromiss in so einem Haushaltsentwurf.

Der Dank geht auch an alle Kolleginnen und Kollegen im Haus, die ihre Haushaltsansätze definiert, bewertet, eingebracht und abgestimmt haben. Ein immer schwieriger werdender Prozess.

Nun wünsche ich den Fraktionen und den Kreisgremien gute Beratungen und mit Blick auf unsere Verantwortung für die Menschen in unserem Landkreis, hoffentlich einen guten gemeinsamen Weg bis zur Verabschiedung dieses ersten Doppelhaushaltes des Landkreises Reutlingen für die Jahre 2024 und 2025.

Sehr geehrte Damen und Herren, übernehmen wir unsere Verantwortung und lassen Sie uns gestalten und zupacken.